Kann man als Motorradfahrer geblitzt werden?
Ordnungswidrigkeit, Straftat oder MPU? Erfahre mehr über Motorrad-Blitzer von vorn und hinten und welche Strafe dir drohen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Als Motorradfahrer geblitzt werden geht nicht, stimmt das?
- Mit dem Motorrad von vorn geblitzt - die Folgen
- Der von-hinten Blitzer ESO3.0 Matrix
- Ein paar Grundlagen
- Fahrereigenschaft und Halter
- Ordnungswidrigkeit oder Straftat?
- Eine MPU gilt nicht nur bei Suff am Steuer
- Video: Motorrad mit 300 km/h, Rennleitung schaut dumm aus der Wäsche
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Als Motorradfahrer geblitzt werden geht nicht, stimmt das?

Nein. Leider hält sich dieses Gerücht recht hartnäckig. Doch warum eigentlich?
Viele Biker glauben, dass ein einfacher Starenkasten, der nur die Front des Fahrzeuges blitzt kein verwertbares Foto macht, da sich vorn an einem Motorrad ja kein Kennzeichen befindet.
Außerdem tragen 99,999% aller Motorradfahrer einen Helm, vom Gesicht kann also in der Regel nicht mehr viel erkannt werden, so dass die Fahrereigenschaft nicht nachgewiesen werden kann.
Dazu habe ich übrigens auch schon meine Erfahrungen machen müssen. Doch was kann ich tun, wenn ich mit dem Motorrad geblitzt wurde (Sieh dir diesen Beitrag an, wenn es doch mal hart auf hart kommt)?
In der Praxis kannst du aber viel schneller Motorrad fahren, als erlaubt, ohne Punkte oder Fahrverbot zu kassieren.
Warum du mit einem einfachen Starenkasten übrigens sehr wohl geblitzt und du auch dort wegen einer Ordnungswidrigkeit und sogar einer Straftat belangt werden kannst, dazu später mehr.
Mit dem Motorrad von vorn geblitzt - die Folgen

Grundsätzlich sei gesagt: Ein Frontblitzer, also ein einfacher Starenkasten blitzt immer, auch wenn du Motorrad fährst.
Nur wird bei der späteren Auswertung durch einen Mitarbeiter der Fall verworfen, da Halter- und Fahrerermittlung sehr schwierig sind.
Doch hier kommt es auf die Schwere des Verstoßes an. Sind 50 km/h erlaubt und du wurdest mit 65 km/h geblitzt ist eine Verfolgung durch die Behörden unwahrscheinlich.
Der Ermittlungsaufwand und damit die Ermittlungskosten stehen in keinem Verhältnis zur Schwere der Tat und zum zu erwartenden Ordnungs- bzw. Bußgeld.
Anders jedoch sieht die Sache aus, wenn die Überschreitung besonders schwerwiegend ist.
Sind 50 km/h erlaubt und du wirst mit 100 km/h geblitzt, werden sich die Behörden wie Pitbulls an deinen Arsch heften, als hättest du dir den Popo mit Leberwurst eingeschmiert.
Und die Behörden sind kreativ. Zunächst werden Modell und Marke des Motorrades bestimmt. Dann wird überprüft, ob im Zulassungsbezirk, wo das Blitzerfoto entstanden ist, eine solche Maschine angemeldet ist.
Besondere Auffälligkeiten an der Maschine werden ebenso hinzugezogen, z. B. auffällige Umbauten, Aufkleber, usw.
Auch der Fahrer wird genau ins Visier genommen. Was für ein Helm wurde getragen? Was für Schutzkleidung trägt der Fahrer?
Da wir Motorradfahrer immer mehr dazu neigen, uns, also unsere Bekleidung, Helme und natürlich auch die Maschine zu individualisieren und an unsere Wünsche anzupassen gibt es immer weniger Bikes, die wirklich identisch aussehen.
In Verbindung mit individueller Schutzkleidung ist die Einmaligkeit, und damit die Beweisbarkeit für die Behörden immer einfacher.
Sobald konkrete Hinweise auf einen bestimmten Fahrer oder Halter vorliegen, kommt es häufig zu einer Hausdurchsuchung. Maschine, Kleidung, Helm und Statur des Fahrers werden abgeglichen, ggf. wird noch ein Sachverständiger vor Gericht eingeschaltet - und schon bist du fällig.
Hausdurchsuchung wegen sowas? Glaubt ihr nicht?
Tja, so geschehen beim Amtsgericht Reutlingen (Hausdurchsuchung bei einem Motorradfahrer wegen 30 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung), und das ist kein Einzelfall.
Der von-hinten Blitzer ESO3.0 Matrix

Deutlich einfacher ist die Halterermittlung bei diesem Blitzer, der auch mich leider schon erwischt hat. Dabei handelt es sich um den Einseitensensor ESO ES3.0 Matrix, oder kurz gesagt, einem von-hinten Blitzer. Da dieses Geschwindigkeitsmesssystem auch von hinten blitzt, brauchen sich die Behörden nicht wirklich um die Ermittlung des Halters kümmern, denn der Halter ergibt sich ja aus dem Kennzeichen. Das System besteht aus mehreren Einheiten, darunter dem Messsystem an sich (dieses Ding mit den 5 Röhren, im Bild links), dann einem IR Blitzer (Infrarot Blitzer), einer seitlichen Fotoeinheit und einer Fotoeinheit für das rückwärtige Kennzeichen.
Ein paar Grundlagen
Die Fahrereigenschaft
Um wegen einer Ordnungswidrigkeit oder sogar einer Straftat belangt zu werden ist aus behördlicher Sicht eine wichtige Eigenschaft erforderlich - die Fahrereigenschaft. Nur Fahrzeughalter zu sein reicht nicht aus, es muss bewiesen werden, dass du auch gefahren bist. Fehlt diese Fahrereigenschaft, also der Beweis, dass du gefahren bist, kann keine Verurteilung erfolgen.
Ordnungswidrigkeit oder Straftat?
Ob du wegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat belangt werden kannst hängt davon ab, wie schnell du gefahren bist bzw. ob man dir Vorsatz unterstellen kann.
Belangt man dich wegen Vorsatz, befindest du dich im Bereich einer Straftat.
Das OLG (Oberlandesgericht) Karlsruhe urteilte beispielsweise am 28.04.2006, dass ein Vorsatz bei einer Überschreitung um 50% des erlaubten Wertes vorläge.
Rechnerisch bedeutet dies: 50 km/h sind erlaubt, davon 50% sind 25 km/h, d.h. 50 km/h (erlaubt) + 25 km/h (Überschreitung) = 75 km/h gefahren (besser: 75 km/h gemessen).
Zahlreiche andere Urteile verschiedener Gerichte bestätigen, dass ab 50% Überschreitung von Vorsatz ausgegangen wird.
Doch welche Folgen hat das für dich?
1.) Das kleinere Übel - deine Rechtsschutzversicherung verweigert die Zahlung und Zusammenarbeit, was bei Vorsatz in der Regel der Fall ist. Okay, kann man mit leben.
2.) Das Bußgeld fällt deutlich höher aus. Kann man auch mit leben, ist nur Kohle.
3.) Fahrverbot: Okay, das wäre auch schon bei einer geringeren Überschreitung drin gewesen - aber als Moppedfahrer legt man sich das einfach in den Winter.
4.) Ein Strafverfahren wird gegen dich eingeleitet. Das ist schon übler.
Bei Verurteilung: Eintrag ins Bundeszentralregister, evtl. eine Vorstrafe, Gerichtskosten, Strafe (von Geldstrafe bis Gefängnis ist alles drin).
5.) Die MPU - und die wird zunehmend häufiger in solchen Fällen von dir eingefordert. Warum? Durch eine vorsätzliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hast du unter Beweis gestellt, dass dir die "charakterliche Eignung zum Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr" fehlt.
Dies rechtfertigt, dass dir der Führerschein entzogen wird und die Straßenverkehrsbehörde das Beibringen eines Medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) einfordert. Mit Vorbereitungskurs und MPU bist du dann ca. 2000€ los.
Und das bedeutet noch nicht, dass du die MPU beim ersten Versuch "bestehen" wirst.
Eine MPU gilt nicht nur bei Suff am Steuer

Weit gefehlt ist die Annahme, eine MPU gibt's doch nur bei Alkohol am Steuer.
Die Straßenverkehrsbehörden gehen immer mehr dazu über, eine MPU bei fast allen Verkehrsstraftaten einzufordern, darunter meist Vorsatz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, Verkehrsunfallflucht und illegalen Auto- und Motorradrennen.
Im Klartext bedeutet das, dass dir die Fahrerlaubnis entzogen wird. Allerdings wird man dir zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis empfehlen (nicht anordnen), ein positives MPU Gutachten vorzulegen.
Wiederspruchsmöglichkeiten / Einspruchsmöglichkeiten dagegen hast du übrigens keine, da es sich um keinen klassischen Verwaltungsakt im Sinne einer behördlichen Anordnung handelt, also um keinen rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt.
Hast du die Rennleitung schon mal so richtig dumm aus der Wäsche schauen sehen?
Leider ist das Video ziemlich schlecht aufgelöst, aber warte einfach ein paar Sekunden, dann siehst du, worum es geht. Bei einer solchen Überschreitung wäre im Falle eines Blitzerfotos eine umfangreiche Ermittlung sehr wahrscheinlich, inkl. Hausdurchsuchung und Co.
So long
DLzG
Euer Boris
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